Von Ohren und Mündern II – Das Chaos entwirren

Im Post „Von Ohren und Mündern – Was wir sagen und hören“ ging es vor allem darum, das Kommunikationsquadrat vorzustellen. Jetzt geht es darum, weiter in die Tiefe und Praxis einzutauchen. Hierzu dient wieder das Beispiel mit Person X, der kalt ist. Der Sender sagt auf der Sachebene lediglich aus, dass ihm kalt ist.

Was passiert anschließend bei Person Y, dem Empfänger? Er könnte etwa hören: „Mach das Fenster zu.“ Damit ist die Appellebene aktiv. Vielleicht möchte der Zuhörer dem Appell der Aufforderung nicht nachkommen und sagt: „Mach doch selber das Fenster zu, siehst du nicht dass ich beschäftigt bin!?“

Person X dagegen hat keine Ahnung, dass Person Y gerade auf der Appellebene unterwegs ist. Der Sender weder die Aussage noch die Reaktion und vielleicht überrascht, wütend, traurig oder verletzt etc. Schließlich diskutiert das Paar darüber, wer was vom anderen verlangt, wer zu anspruchsvoll ist und wer fürsorglich und liebevoll ist und wer nicht. Das Chaos ist perfekt und niemand weiß mehr, um was es geht.

Das Beispiel von Person X und Y wirkt auf den ersten Blick recht einfach und alltäglich, aber es erfüllt seinen Zweck. Wer Schulz von Thuns Kommunikationsquadrat auf diese Situation anwendet, schafft damit etwas Ordnung im vermeintlichen Chaos. Dafür müssen sich jedoch beide Gesprächspartner dessen bewusst sein und einig darüber, ihre Perspektive gemeinsam zu ändern.

Ich persönlich bin noch auf einen Schritt weiter gegangen. Ich konkretisiere die Münder und Ohren noch stärker, indem ich quasi Unterkategorien einführe. Dazu gehören für mich Varianten der Beziehungsebene, etwa der Schuldmund und das Schuldohr. Das bedeutet, was auch immer gesagt wird, wird als Beschuldigung gehört oder auch tatsächlich gesagt. Dieser Mund und dieses Ohr ließen sich der Beziehungsebene zuordnen, aber ich möchte sie trotzdem hervorheben, weil es sie mir Coachingsitzungen immer wieder begegnen.

Der einzige Weg, um Missverständnisse und das dazugehörige Chaos gar nicht erst aufkommen zu lassen, besteht darin, über die Kommunikation zu sprechen. Der Empfänger sollte sich beim Sender die Bestätigung abholen, dass das bei ihm angekommen ist, was ankommen sollte und umgekehrt. Dafür reichen so simple Fragen wie: „Was hast du gerade gesagt und wie hast du das gemeint?” oder „Ich habe das gesagt, meine es so und hast du es auch so verstanden?”